21. Workshop 15./16. November 2024 - Beilngries

Teil 1: Freitag, 15. November 2024

Wie in den vergangenen Tagen eröffnete der Vereinsvorsitzende von Zukunft Prophylaxe, Dr. Friedrich Grelle, den Workshop mit der einen oder anderen Anekdote aus dem vergangenen Jahr.

Alsbald startete der Workshop mit dem Vortrag „Ein Mund voller Leben – Gute Keime, schlechte Keime“ mit der Referentin Frau Susanne Dethlefs, die freundlicherweise für die sehr kurzfristig krankheitsbedingt ausgefallene ursprüngliche Referentin Frau Dr. Sylke Dombrowa in die Bresche sprang. Frau Dethlefs referierte zunächst über das Ökosystem Mundhöhle, welches weniger gut erforscht ist als der anschließende Verdauungstrakt. Zunächst wurde der Zusammenhang zwischen Mundhygiene, einem gesunden Mundhöhlenmikrobiom und einem gesunden Körper beleuchtet. Hierbei spielt der Speichel eine wichtige Rolle ebenso, wie das Mundhöhlenmikrobiom. Dieses unterstützt den Körper etwa durch eine Entzündungshemmung, Regulierung des Säuregehalts, Abwehr von Pathogenen. Alle Menschen haben ein gemeinsames Kernmikrobiom, ergänzt durch individuell-spezifische Keime. Die inkorporierte Nahrung hat einen erheblichen Einfluss auf das Mikrobiom. Nitratreiche Nahrungsmittel haben einen positiven Einfluss auf den Organismus, trotz der negativen Konnotationen rund um das Nitrat und Nitrit-Therma. Auch beim Sport ist die Mundhöhle mit ihrem Mikrobiom über einen Umbau von Nitrat zu Nitrit zu NO, welches seinerseits eine Gefäßweitung erzeugt, mitbeteiligt. Wird dieses Mikrobiom negativ durch antiseptische Mundspülungen beeinflusst, so ist bei körperlicher Belastung eine geringere blutdrucksenkende Wirkung nachzuweisen. Durch die orale Plaque wird eine systemische Entzündungsreaktion ausgelöst und mit ihr eine Dysbiose, welche ihrerseits eine Auswirkung auf den Organismus haben kann. Auch exogene Faktoren, wie etwa Rauchen oder hoher Zuckerkonsum fördern die Dysbiose. Frau Dethlefs ging auf mögliche Folgeerkrankungen einer Parodontitis ein, zum Beispiel Diabetes mellitus. Eine Schwangerschaft kann durch mangelhafte Mundgesundheit beeinträchtigt werden. Das Mikrobiom der Mundhöhle und das des Darmes beeinflussen sich wechselseitig.

Nach einem kurzen Imbiss referierte Frau Dethlefs nun geplanter maßen zum Thema „Wie beeinflussen Probiotika die Mundhöhle?“. Einflüsse endogener und exogener Faktoren, die eine Dysbiose und Zahnfleischerkrankungen hervorrufen, sind in zwei Gruppen, namentlich exogene und endogene Faktoren zu unterteilen. Zu den endogenen Effekten gehören beispielsweise die Genetik, ein Diabetes mellitus, hormonelle Veränderungen und eine verringerte Speichelflussrate, zu den exogenen etwa die bereits erwähnte mangelhafte Mundhygiene, Rauchen, Medikamente oder eine onkologische Therapie. Mit Hilfe von Probiotika lassen sich laut der Referentin die Mundgesundheit durch spezifische Bakterienstämme verbessern. Es werden pathogene Keime in der Ausbreitung gehemmt, und die Darmflora wird gestärkt. So existieren von der EFSA geprüfte Bakterienstämme, die in Vitro folgende positive Eigenschaften besitzen: Resistenz gegen das orale Milieu, Resistenz gegen antiseptische Mundspülungen, Anhaftung an die Mundschleimhaut und die Fähigkeit, Biofilme zu bilden. Ferner wirken diese gegen orale Pathogene antagonistisch. Es existieren Studien, welche bei postoperativen Situationen darauf hinweisen, dass eine Einnahme von Probiotika das Schmerzniveau schneller senkt. Ferner soll durch Probiotika die Plaquebildung reduziert werden. Ein kurzer Exkurs zu Mikronährstoffen, wie Vitamin C und D Coenzym Q10 und die positiven Effekte von bestimmten Zinkverbindungen rundeten den gelungenen Vortrag ab.

Anschließend erfolgte für die Mitglieder des Vereins Zukunft Prophylaxe die jährliche Mitgliederversammlung. In dieser wurden nach Begrüßung durch den Präsidenten Dr. Grelle zunächst der Vortrag des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung samt Genehmigung, die Berichte des Vorstandes, des Kassenwartes und abschließend der Kassenprüfer vorgestellt. Es erfolgte die Entlastung des Vorstandes. Insgesamt konnte der Vorstand auf ein gutes Jahr zurückblicken. Im Zuge der Versammlung wurde ein neuer Vorstand gewählt und es wurde zudem eine dringend notwendige Überarbeitung der Satzung verabschiedet.

Der Abend des ersten Workshoptages klang mit einem gemeinsamen Abendessen mit vielen interessanten Gesprächen aus, die standhaften Teilnehmer genehmigten sich im Anschluss in der hoteleigenen Bar ein edles Tröpfchen.

 

Teil 2: Samstag, 16. November 2024

Der zweite Tag des Workshops startete traditionell mit dem Lauftreff, bei dem sich der traditionelle harte Kern wie auch schon in den vergangenen Jahren ein paar zusätzliche Mitläufer wünschte.

Nach dem gemeinsamen Frühstück eröffnete Frau Dr. Ulrike Montén den Reigen mit dem Titel „Grenzen der Parodontalbehandlung für einen “Wald- und Wiesen-Zahnarzt”“. In diesem sehr interessanten und praxisorientierten Vortrag mit vielen Fallbeispielen behandelte die Referentin zunächst die -nicht mehr so – neue Klassifikation der Parodontitis, stellte das schwedische Konzept der Parodontalbehandlungen vor, welches einen gewissen Vorbildcharakter für die hiesige Klassifikation hat. Die Behandlung der Periimplantitis nahm einen nicht zu knappen Raum ein. Grundsätzlich war der Tenor des Beitrages, dass Parodontitiden des Stadiums I und II, Grad A & B relativ gut vorhersagbar vom Allgemeinzahnarzt behandelt werden können, Grade III und IV, nekrotisierende parodontale Erkrankungen, spätestens die Parodontitis als Manifestation einer systemischen Erkrankung in die Hände eines Spezialisten gehören.

Last but not least sprach Dr. Volkmar Göbel in seinem Vortrag mit dem Titel „Ein modulares Konzept der mobilen Alterszahnmedizin – transdisziplinär, digital, vollumfänglich.“ über den Therapiebedarf einer Bevölkerungsgruppe, die häufig nicht ausreichend beachtet wird: die Bewohner von Seniorenheimen, die aufgrund von unzureichender Mobilität die Zahnarztpraxen nicht mehr aufsuchen können. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird diese Gruppe in ihrer Bedeutung zunehmen. Die aktuelle Regierung hat in ihrem nationalen Präventionsplan auch die Alterszahngesundheit explizit aufgeführt. Dr. Göbel stellte die Organfunktion eins 75-Jährigen einem 30-Jährigen gegenüber. In allen betrachteten Bereichen ist es zu einer signifikanten Reduktion der Funktion gekommen. Dazu kommt, dass Menschen über dem 75. Lebensjahr zu 90% eine Parodontalerkrankung aufweisen, sei sie moderat oder schwer. Diese interagiert zusehends mit den immer häufiger werdenden systemischen Erkrankungen. Der zu behandelnde Patient und seine Therapiebereitschaft müssen in die Überlegungen einbezogen werden und es muss ein „individuelles“ Optimum gefunden werden. Eine Behandlung gegen den Patientenwillen ist nicht rechtens. Es folgte ein kurzer Ausflug in die Rechtsprechung und der Hinweis, dass ein Eingriff eine Körperverletzung darstellt. Nur mit der Einwilligung des Patienten wird er rechtmäßig. In die Patienten-Zahnarztbeziehung spielen eine Vielzahl von beteiligten Gruppen mit ein, sei es Hausarzt, Pflegedienste, Fachärzte, Angehörige, Betreuer und – ganz wichtig – das Pflegepersonal. Reduktion von Kognition und kognitiven Fähigkeiten sowie der zunehmende Anteil von dementiellen Erkrankungen sind eine weitere Herausforderung. In der Alterszahnheilkunde gibt es einen Paradigmenwechsel von einer „Akuten Reparaturzahnheilkunde“ zu eine „vollumfänglichen, digitalen präventiv-transdisziplinären Mundheilkunde“. So kann im Rahmen der mobilen Behandlung Prophylaxe, restaurative Zahnheilkunde, Zahnersatz und kleine Chirurgie gut, Endodontie, ausgedehnte Prothetik und große Chirurgie hingegen weniger gut durchgeführt werden.

Ein gemeinsamer Mittagsimbiss rundete den gelungenen Workshop ab. Selbstverständlich würden wir uns sehr über ein Wiedersehen beim Workshop Beilgries 2025 am 14.11.2025 freuen.

 

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