Mitgliederversammlung und Workshop Beilngries 6./7. November 2009
Im Focus: Dermatosen und Parodontitis
In das malerische Städtchen Beilngries im Altmühltal lud der Vorstand des Vereins Zukunft Prophylaxe zum jährlichen Workshop mit anschließender Mitgliederversammlung in das Tagungszentrum des Hotels Fuchsbräu ein. Die familiäre und höchst kollegiale Atmosphäre dieser Workshops und die perfekte Betreuung im Tagungshotel muss immer wieder hervorgehoben werden.
Am Freitag, 06. November 2009, eröffnete Prof. Dr. Nanna Schürer mit einem Vortrag über Dermatosen in Gesicht und Mundhöhle und kosmetische Gesichtskorrekturen (Botox) den Workshop. Prof. Schürer teilte das Auftreten von Dermatosen in drei Gebiete ein: facial, perioral und oral und erklärte anhand eines Ratespiels die verschiedenen klinischen Bilder. Sie beschrieb die immer wieder schwierige Differenzialdiagnose und verwies auf die rechtzeitige Überweisung zum Facharzt. Hohen Wert legte sie auf die Zungendiagnostik sowie die klinische und palpatorische Begutachtung des Mundbodens. Eine Therapie sollte immer in Abstimmung mit dem Dermatologen erfolgen.
Im zweiten Teil ging Prof. Schürer auf die kosmetischen Gesichtskorrekturen mit Hilfe von Unterspritzungen ein. Sie betonte, dass bei Einhaltung aller Richtlinien und einwandfreier Hygiene keine Komplikationen auftreten. Sie erwähnte auch den Widerspruch, dass fortgebildete Kosmetikerinnen mit Botox und anderem arbeiten dürfen, Zahnärzten das aber verwehrt sein soll. Kollege Dr. Habersack erwähnte in diesem Zusammenhang das Zahnheilkundegesetz, nachdem unser Betätigungsfeld am Lippenrot endet.
Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Albert Sauter (Geschäftsführer von MIP-Pharma) über die Therapie der Parodontitis mit Hilfe von Clindamycin und die Bedeutung der bakteriellen Glykokalix. In einem kurzweiligen Referat beschrieb er die Probleme des Biofilms, die Bedeutung der Parodontologie innerhalb der Allgemeinmedizin und ging auf die richtige Dosierung und hier speziell auf die Mindestdauer der begleitenden Therapie ein.
Was ist Glykokalix?
Einige Bakterien der Mundhöhle produzieren Glykokalix. Sie ist eine schleimige Substanz, die hauptsächlich aus Polysacchariden besteht, ist sezerniert und bildet eine HüllÂschicht. Ihre allgemeine Funktion besteht darin, die Überlebensfähigkeit der Bakterien bei ungünstigen Milieubedingungen zu erhöhen sowie das Anheften an Substrat zu verbessern. Sie bietet Schutz vor Phagozytose und Antibiotika. Ihre Folgen sind verbesserte Lebensbedingungen für sich und andere Bakterienarten sowie gesteigerte Pathogenität und Virulenz.
Die Glykokalix bedeutet für den menschlichen Organismus eine Überforderung des Immunsystems, eine verringerte Wirkung von Antibiotika, eine Chronifizierung von Infektionen und eine Erhöhung des Schweregrades von Infektionen.
Die Glykokalix ist beim Entstehen und Fortschreiten vieler Erkrankungen beteiligt. Sie kann als Biofilm auf Oberflächen z. B. Karies, Parodontitis Endokarditis und Osteomyelitis auslösen. Im Gewebe kann sie z. B. Parodontitis, Abszesse und Phlegmone hervorrufen.
Die medizinische Relevanz der Glykokalix Parodontitis beeinflusst den ganzen Körper
Diabetes mellitus
- Risiko für eine Parodontitis ist beim Diabetiker erhöht (Häufigkeit und Schwere des Krankheitsverlaufs)
- Parodontitis verschlechtert den metabolischen Status, Zunahme der Insulinresistenz, Erschwerte Einstellung der Blutglukose (Risiko für Folgeschaden') Kardiovaskuläre Erkrankungen
- Parodontitis ist Risikofaktor für Arteriosklerose, Herzinfarkt (x 2), Schlaganfall, Endokarditis Schwangerschaft
- Parodontitis ist Risikofaktor für Frühgeburten und zu niedriges Geburtsgewicht (x 7)
Spezielle Risikopatienten
Deutliche lokale Effekte sowie Risiken in Bezug auf Parodontitis stellen die Raucher dar. Dies kann sich bemerkbar machen z. B. durch Beeinträchtigung des Immunsystems, Durchblutungsstörungen, Wundheilungsstörungen, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, verringerter Symptomatik usw. Die Parodontitis ist dann häufig bereits weiter fortgeschritten und hat somit auch entsprechende Folgen wie z. B. einen schwereren Krankheitsverlauf, eine größere Anzahl tiefer Taschen, eine stärkere parodontale Destruktion, einen größeren marginalen Knochenverlust sowie eine erhöhte Zahnverlust-Rate.
Aus diesen Gründen ist ein Rauchstopp begleitend zur Paro-Therapie (Implantation) höchst sinnvoll und steigert die Erfolgsaussichten!
Antibiotikatherapie bei Parodontitis
Das Problem ist, dass der Biofilm nicht zu 100 % eliminiert werden kann und somit immer eine Rest-Plaque auf der Wurzeloberfläche bleibt. Diese Rest-Plaque sowie Bakterien und unbehandelte aktive Taschen führen zu einer Rekolonisierung.
Daher ist die Empfehlung: Eine Antibiotika-Therapie begleitend zu Scaling und Wurzelglättung nach einer Keimbestimmung der subgingivalen Plaque.
Indikationen (Antibiotikabehandlung):
- aggressive Parodontitis
- schwere chronische Parodontitis
- therapieresistente PA (progrediente Attachmentverluste)
- PA-Abszess mit Tendenz zur Ausbreitung
- NUG/NUP (nekrotisierende ulzerierende Gingivitis bzw. Parodontitis) mit ausgeprägter Allgemeinsymptomatik
- mittel- bis schwere PA bei System. Erkrankungen/Zu- ständen, die das Immunsystem beeinträchtigen, z. B. Diabetes
- PA mit ausgeprägter Allgemeinsymptomatik
Gängige Antibiotika zur Behandlung einer Parodontitis sowie Therapievorschläge zur Parodontitisbehandlung mit Clindasaar 600 mg Filmtabletten und Therapieempfehlungen sind für Mitglieder unseres Vereins unter www.mip-pharma.de zu bestellen.
Im zweiten Vortrag stellte Wolfgang Rau das Prophylaxekonzept der Smile Professionals GmbH vor. Es handelt sich um räumlich separate Behandlungseinrichtungen, in denen fortgebildete Fachkräfte ausschließlich prophylaktische Behandlungen und Zahnaufhellungen durchführen. Allerdings muss die zahnärztliche Aufsicht sichergestellt sein. Das Personal wird durch Smile Professionals geschult und mit Informationen versorgt, auch das Marketing liegt - gegen Beitrag - bei der Smile Professionals.
Als Betreiber eines solchen Zentrums berichtete dann Kollege Dr. Ralf Wimmer über sein seit einem Jahr bestehendes Zentrum. Er zog ein durchaus positives Fazit, betonte aber auch, dass die nötige Investition und die Auswahl geeigneten Personals am Anfang gut überlegt werden muss. Auch sollte im Vorfeld eine sehr strikte "Marktanalyse" (Angebot, Umfragen usw.) erfolgen.
Die Teilnehmer traten nach dem obligatorischen "kommunikativen Imbiss" die Heimreise an. Die Veranstalter freuten sich über die positive Resonanz.
Auf ein Wiedersehen in Hohenkammer am 19./20. März oder in Beilngries am 12./13. November 2010!